Die Verfassung

Das wichtigste Gesetz eines Staates

Die Verfassung ist das wichtigste Gesetz eines Staates. Sie bestimmt, wer die Macht in der Praxis ausübt und wie dies geschieht. Die niederländische Verfassung regelt die Aufgaben der Königin (bzw. des Königs) und der Minister. Außerdem ist darin festgelegt, wie Gesetze entstehen, was die Gerichte tun, wofür Städte und Provinzen zuständig sind und wie und in welcher Form das Volk Einfluss auf die im Staat zu treffenden Entscheidungen nehmen kann.
Ganz am Anfang der Verfassung findet man die Grundrechte. Dabei handelt es sich nicht um die Rechte, die die Bürger im Verhältnis zueinander haben, sondern um ihre Rechte gegenüber dem Staat. Jeder Bürger hat das Recht, sein Leben so zu führen, wie er es für richtig hält; der Staat darf sich nicht in seine Lebensplanung einmischen.

Artikel 1 der Verfassung garantiert allen Menschen in den Niederlanden, so verschieden sie auch sind und welche Anschauungen sie auch immer vertreten, dass sie vom Staat gleich behandelt werden. In den darauffolgenden Artikeln steht unter anderem, dass die Bürger das Recht auf freie Ausübung ihrer Religion haben und das Recht, miteinander Gedanken auszutauschen und ihre Meinung öffentlich zu äußern.

Der Staat darf solche Freiheiten nur einschränken, wenn dies zwingend notwendig ist, zum Beispiel wenn jemand für andere eine Gefahr darstellt. In diesem Fall darf er eingreifen, allerdings immer nur auf der Grundlage eines Gesetzes.

Im Mittelalter gab es noch keine Verfassung. Der Monarch besaß alle Macht und musste sich selbst nicht an Gesetze halten. Später erhielten zunächst bestimmte Personengruppen Rechte gegenüber dem Monarchen. Seit dem 18. Jahrhundert hat jeder in unserem Staat solche Rechte; seither müssen sich alle staatlichen Stellen an Recht und Gesetz halten. Dies wurde 1798 in einem ersten Verfassungsdokument festgelegt. 1815 wurde dann die "Verfassung für das Königreich der Niederlande" verabschiedet. Sie gilt in ihren wesentlichen Teilen bis heute fort.

Die Verfassung kann nicht so einfach geändert werden wie andere Gesetze. Dennoch gab es große Verfassungsreformen. 1848 stimmte König Wilhelm II. einer von dem Staatsrechtler Johan Rudolf Thorbecke konzipierten Verfassungsänderung zu, durch die der König weniger und das Volk mehr Macht erhielt. Diese Änderung war so tiefgreifend, dass sie nach allgemeiner Anschauung den Beginn der Demokratie in den Niederlanden markiert. Das Wahlrecht für alle Männer wurde jedoch erst 1917 eingeführt; Frauen erhielten damals zum ersten Mal das passive Wahlrecht. 1922 wurde schließlich auch das aktive Wahlrecht für Frauen - das 1919 eingeführt worden war - in der Verfassung verankert.