König Wilhelm I.

Das Königreich der Niederlande und Belgiens

Nach dem Ende der französischen Fremdherrschaft kehrte der Sohn des Statthalters Wilhelm V. im Jahr 1813 in die Niederlande zurück, um die Königswürde anzunehmen. Dies war ein klarer Bruch mit der Vergangenheit: Wilhelm I. wurde nicht, wie sein Vater, Statthalter in allen Provinzen, sondern König eines Einheitsstaates.

1815 wurden die damaligen Österreichischen Niederlande (das heutige Belgien) mit der ehemaligen Republik vereint. Dieser neue, größere Staat sollte als Puffer gegen das geschlagene Frankreich dienen. So entstand das Vereinigte Königreich der Niederlande - ein für europäische Begriffe mittelgroßes Land mit großem Kolonialbesitz. Mit seinem nahezu sprichwörtlichen kaufmännischen Talent versuchte Wilhelm an die wirtschaftliche Blütezeit des vergangenen Jahrhunderts anzuknüpfen, indem er die wirtschaftlichen Stärken der verschiedenen Reichsteile - des Nordens, des Südens und der Kolonien - förderte. Im Süden, wo bereits früh eine industrielle Revolution stattgefunden hatte, sollten in erster Linie Konsumgüter produziert werden, die dann von den Kaufleuten im Norden in alle Welt verkauft werden sollten. Die Kolonien sollten kostbare exotische Waren liefern. Um den Gütertransport zu vereinfachen, ließ Wilhelm Kanäle und Straßen zwischen dem Norden und dem Süden bauen und trat selbst als Investor auf. Für den Handel mit Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, wurde 1824 die Niederländische Handelsgesellschaft gegründet. Darüber hinaus wurde in dieser Kolonie das sogenannte "Kultursystem" eingeführt, das die Einwohner dazu verpflichtete, einen Teil des Jahres für die Kolonialregierung auf dem Land zu arbeiten. Der Verkauf der dort produzierten Güter wurde über die Niederländische Handelsgesellschaft abgewickelt.
Trotz seiner Verdienste um die Wirtschaft des Landes genoss der König unter den Belgiern wenig Sympathie. Die Liberalen sahen in ihm einen Fürsten, der die absolute Macht anstrebte und keine Einflussnahme der intellektuellen Elite duldete. Die Katholiken hegten Bedenken gegen die Einmischung des protestantischen Königs bei der Ausbildung von Priestern.1830 kam es in Brüssel zu einem Aufstand, der von der im dortigen Schauspielhaus aufgeführten Arie "Amour sacré de la patrie" inspiriert worden war. Wilhelm I. schickte ein Heer nach Brüssel, das die Unruhen niederschlagen sollte. Dies führte allerdings nicht zum Erfolg; in Belgien wurde die Unabhängigkeit ausgerufen. Dennoch versuchte der König noch neun Jahre lang, seinen Herrschaftsanspruch mit militärischer Gewalt durchzusetzen, was mit hohen Kosten verbunden war und sein Ansehen in den Niederlanden schwer beschädigte. 1839 erkannte er schließlich die Unabhängigkeit Belgiens an. Ein Jahr später dankte Wilhelm I. resigniert ab.